Donnerstag, 29. Dezember 2011

Verwirrung

Manche Tage sind gleich,
manche unvergleichbar.
Der Unterschied manchmal nur ein Augenblick
wie ein hölzernes Pferd voller Glück.
Vergessen.
Wie ist das möglich?
Wohin fließt die Erfahrung von Wärme?


Sonntag, 18. Dezember 2011

Die Dächer meiner italienischen Stadt

Verwinkelt - unruhige Oberfläche.
Darüber warme Luft leicht zirkuliert.
Künstliche Streifen, Makel des sonst
ungetrübten Himmels, weisen in die Ferne.
Unten eine Schildkröte, die sich langsam über
den Steinboden bewegt, ihren Schatten zieht
und noch eine weitere Kreatur - zwischen
Gittern und Wänden - leidendes Leben,
ein konstantes Wimmern - moralische Resonanz.
Vor Augen Ziegeln und Antennen,
Splitter, zerfallende Strukturen.
Der Blick in ein Fenster - tabuisiert.
Hinter den Häusern erstreckt sich der Berg
als grün strahlende Grenze der Szenerie.
Vereinzelt Tauben, Musik, fließende Worte,
die Füße berühren heißen Beton -
friedliche Mittagszeit.


Wäre ich noch erschöpfter
würde ich sie nicht einmal ansehen.
Aber ich sehe sie an. Lange, immer wieder
und viel zu gerne.
Wie sie den alten Herrschaften Kaffee serviert.
Da gibt es Grund zu lächeln. Und Gründe
kann es nicht genug geben, denn an so einem Lächeln
sieht man sich so bald nicht satt.
Satt habe ich nur die pausenlose Aufführung eines Satzes,
den ich niemals aussprechen werde.
Gut, ich muss ohnehin zurück in Berlins Mitte.
Na dann: Die Rechnung bitte!


Fahrt am Rhein bei Nacht

"Man sieht ja gar nichts.",
hab ich gerade noch gedacht.


Zusammenhang

Als sie wieder unter Menschen ging
ohne dabei Scham zu empfinden
begann er sich an sie zu binden.

Sie hingen dann eine Weile zusammen
wie ein Novemberhimmel
grau und wolkenverhangen.

Da lagen selbst die glücklichen Momente
wie Schiffe auf Grund und
Schwere drückte auf sie nieder.

Wie klangen doch gleich ihre letzten Lieder?
Sie schwärmte noch einmal von seinen Wangen,
in Gedanken war sie schon gegangen.

Er sprach von der Liebe,
sie sagte kein Wort, sah in die Leere
und dann ging sie fort.


Mit Worten von Gewicht
dem Gewicht von Stahlbeton
sagen wir uns wer wir sind.
Ich Dir. Vor allem ich Dir.
Jetzt, da sich die Rauhnächte nähern,
eine Herzlosigkeit ohnegleichen.
Wo alles zusammenrückt -
natürlich nicht wie einst die Bewohner
polarer Kreise in ihren Verschlägen:
Nur die Wärme der Leiber
und darüber gefrorener Regen.


Samstag, 10. Dezember 2011

Generation

Fast hätte ein Fuß den Boden berührt.
Der feste Grund hat uns verführt.
Doch bevor wir die Trümmer der Arbeit erreichen
in neblige Himmel wir entweichen.

Zurück in gasförmige Gestade,
Empfänger wohlfahrtstaatlicher Gnade.
Drei Jahrzehnte sind es bald,
zwischen den Schläfen Schwere hallt.

Man muss sich entscheiden, man hat sich entschieden
und Festlegung dabei strikt vermieden.
Kraftloses Streben nach neuen Optionen,
unseren Göttern und unsren Dämonen.


social network

digitale Haut
gestrafft, profiliert
stop-motion-exhibitionismus
endlose oberfläche
hin und wieder pyramidenartige vertiefungen
ein pantheon schöner trophäen und bizarrer gestalten
zusammen, was nicht zusammen gehört
das netzwerk ein museum
schwirrende parallelidentitäten
sich in blicken spiegeln
wie fliegen in den kreisenden augen gelangweilter katzen


Montag, 14. November 2011

Komplementär

Sie sitzt da.
Sie sehen sie an.
Sie beugt sich etwas vor,
damit man sie besser sieht.
Sie zeigt ihre Zähne.
Sie sind gepflegt.
Sie streicht durch ihr Haar -
unentwegt.
Sie hat Augen für alle
und alle für sie.
Herzen aus Zucker
ohne Melancholie.

Sie sitzt da.
Ich sehe sie an.
Ich möchte geh'n,
was ich nicht kann.
Der Sessel hat Tiefe,
die nutzt sie aus.
Die Stirn auf den Knien,
das Haar zerzaust.
Wo Hoffnung war
bleibt ein Verlangen,
Vergangenes ist nicht vergangen.


Donnerstag, 3. November 2011

Potsdamer Platz

Menschen fließen über den Platz
und Käufer verhalten sich nur so.
Heilig ist die Allianz
aus Citoyen und Hochfinanz.

In touristischer Mittagshitze
ein Schweif endloser Persönlichkeiten.
Kairos und Aphrodite befehlen
ein stilvolles Heer aus trockenen Seelen.

Es bringt die neuen Hänge ins rutschen
und Trümmer verlieren ihre Textur,
die gereizte Haut der Architektur.

Lässt die Geschichte ihn noch einmal gehen,
diesmal in Lethes Wassern entschwinden,
wo auch Kreative ihn nicht mehr finden?


Donnerstag, 20. Oktober 2011

Ein Schuss, kein Dämpfer -
fast wäre ich nicht mehr hochgekommen.
Dabei habe ich noch geschlafen
als das Projektil mein Herz perforierte.

Der Hund erwartet sehnlich das Verblassen meiner Paralyse.
Lange kann er warten,
denn nichts lähmt mehr
als die Schattenseite der Begierde.

Die Angst im Gesicht wie eine Torte.
Auch wenn's hilft, der Morgen ist versaut.
Eine Traumlandschaft befremdlicher Orte.
Das kommt, wenn man sich mit den Frauen nicht vertraut.


Dienstag, 18. Oktober 2011

Kräftige Strahlen, ein zitterndes Herz.
Wasser unter mir,
Zweige federn in lauen Winden.
Man kann nicht zweimal auf dem gleichen Balkon verweilen.
Eine denkwürdige Schleife.
Die Fassaden als wären sie indifferent gegen Zeit.
Ich könnte hier ruhiger sitzen.
Anfang zwanzig, Ende zwanzig -
verstehe es jetzt besser
Die Erfahrung steht mir bis zum Hals.
Wieder Freud in der Tasche 
und dieselben Wünsche im Kopf.


Gravitationszentrum

Raum und Zeit werden brüchig in deiner Nähe.
Ich hafte an deiner gleißenden Oberfläche.
Ein Pendelschlag
Dunkelheit
Die Unberechenbarkeit nimmt meine Aufmerksamkeit gefangen.
Fäden in meinem Verstand
Chaotisches Arrangement banaler Gedanken,
die mir alles bedeuten.


Wenn das Offene über das Geschlossene triumphiert,
senkt sich der Schatten einer Krise
in die Winkel meines Geistes - verdunkelt alles.
Dann ein Sturm, ein Inferno -
stete Möglichkeit dieser Architektur des Verstandes:
Streichholzschachteln auf Hölzchen drapiert
Hölzchen auf Schachteln

Wenn auch eine Brise diese Konstruktion nicht zum Einsturz bringt,
so übersteht sie in ihrer Fragilität doch nicht den Wind - nicht den Wind,
der die leichten Schachteln von Ihren Stützen zieht
und das sich entzündende Material in die Ferne trägt -
in die Tiefen eines unbekannten Raums,
in den es leise flackernd entschwindet.
Die Ruhe aber verrät die Bedeutungslosigkeit dieses Vorgangs,
der den Blick so gefangen nimmt.